19.10.06, 08:40:20
Jutta
Mein Mann war gerade 39 Jahre alt , als wir den Rentenantrag gestellt haben.
Es erfolgte viel Schreibkram, eine Untersuchung beim Amtsarzt, die sich auf das körperliche Befinden richtete und ein psychologisches Gutachten.
Dieser Psychologe war echt der Hammer.
Da mein Mann um meine Unterstützung bat, ging ich mit.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, war ich damals noch der Meinung, dass man meinem Mann nur die richtigen Möglichkeiten schaffen müsste, damit er "nomal" werden würde. Von Asperger wußte ich da noch nichts.
Also dieser Psychologe unterhielt sich nun mit mir über meinen Mann. Mein Mann saß schweigend daneben.
Dieser studierte erklärte mir, dass meinem Mann geholfen werden würde, er bräuchte nur die "richtige" Hilfe - nun ja ,das war zu diesem Zeitpunkt auch meine Meinung und ich stimmte interessiert zu.
Es wurde beschlossen, dass mein Mann in einer Behinderteneinrichtung, im PC Bereich geschult werden sollte ( was eigentlich völlig überflüssig war, da er das kann)
Schon drei Tage später begann das Projekt. Ich war sehr hoffnungsfroh und hatte alle möglichen Zukunftspläne.
Innerhalb der nächsten drei Wochen, veränderte sich mein Mann sehr. Er wurde noch zurück gezogener, lächelte nicht mehr, sein Gesicht wirkte steinern und er lag den ganzen Tag, nach seiner Arbeit , nur noch im Bett.Er aß weniger, hörte auf sich zu rasieren und schaute verloren durch mich hindurch.
Das war der Moment , wo mir klar war , dass das was da von ihm erwartet wurde nicht richtig war.
Ich sprach mit meinem Mann, wir gingen zum Arzt, er wurde krank geschrieben und wiederholten den Rentenantrag.
Dieser Psychologe hat im übrigen bis heute nicht zugeben können, dass er von Asperger nichts wußte. Er meinte , er müsse nur die Arbeitsfähigkeit prüfen, keine Diagnose stellen
19.10.06, 18:52:02
Lisa M.
:(
Zum Glück ist er ja nicht da geblieben. Für mich glaube ich auch, dass so ziemlich das *letzte*, was mir bekommen würde, eine Behindertenwerkstatt wäre. Wenn ich meine Freiheit habe, dann suche ich mir schon von selbst interessante Tätigkeiten, und wenn es um Jobs geht, dann brauche ich m.E. auch was, was mich geistig "am Leben erhält". Das ist vielleicht sehr unterschiedlich, was man da so braucht, weil es vielleicht der subjektive Faktor Unbehagen ist, wegen dem man so in sich reinkriecht...
Zitat:
Er meinte , er müsse nur die Arbeitsfähigkeit prüfen, keine Diagnose stellen
Na, der ist ja putzig. Aber vorher erzählen, dein Mann bräuchte nur die "richtige" Hilfe?! Und er weiß selbstverständlich, wie die richtige Hilfe aussieht, ohne erstmal 'ne Diagnose zu stellen...? Zum Glück gehen die Allgemeinmediziner nicht nach dieser Methode vor, sonst würde ich eher einen Termin bei der nächstbesten Dorfhexe buchen, wenn mich das Zipperlein plagt.
19.10.06, 18:55:37
Jutta
Inzwischen hat mein Mann die Rente bekommen. Da er nie arbeiten konnte , ist sie eher mickrig, doch darum ging es nicht, er wird nun endlich von Arbeitsamt und anderen Qualämtern in Ruhe gelassen.
19.10.06, 19:02:36
Lisa M.
Zitat:
doch darum ging es nicht, er wird nun endlich von Arbeitsamt und anderen Qualämtern in Ruhe gelassen.
Joa, dann kann man in Frieden sein Leben gestalten... Langweilig wird's ihm ja vermutlich nicht so leicht, oder?
19.10.06, 19:33:33
Jutta
Keine Chance,
ich denke , ich bin das krasseste Gegenstück überhaupt.
Ich alleine bin schon Streß, Power und Leben genug - sagt er immer...........
19.10.06, 20:42:30
Lisa M.
*lol* Ich meinte eigentlich, dass Aspies ja meist stark ausgeprägte Interessen haben und sich auch ohne Job zu betätigen wissen. Das ist jedenfalls das, wovon ich auf gar keinen Fall "geheilt" werden möchte! Mir tun die Leute immer Leid, die dauernd langweiliges Zeug im Fernsehen kucken müssen, damit sie sich nicht halbtot langweilen.
19.10.06, 22:29:49
Jutta
ha, das hätten auch die Worte meines Mannes sein können :D